Mythen der Selbstständigkeit
Steht man vor dem großen Schritt in die Selbstständigkeit, wird man schnell feststellen, mit einer Reihe von Vorurteilen konfrontiert zu werden. Oftmals kommen diese von Arbeitskollegen, aus der Familie und dem Bekanntenkreis, wobei meist keine böse Absichten dahinter stehen. Im Gegenteil: Die Leute meinen es doch nur gut. Doch wie so häufig ist das „gut gemeint“ genau das Gegenteil von „gut gemacht“: „Denk an deine Rente Kind“, sagen die Eltern, „In diesen Zeiten würde ich an deiner Stelle ja nicht auf den monatlichen Gehalts-Scheck verzichten“, sagen die Kollegen oder „Meinst du etwa, die Welt hat genau auf diese Idee gewartet?“ , sagen die Freunde.
Genau diese Aussagen von Zweiflern, Pessimisten oder so genannten Freunden sorgen dafür, dass der eigenen Motivation zugesetzt wird und hartnäckige Mythen über die Selbstständigkeit lassen einen oftmals an dieser zweifeln.
Inhaltsverzeichnis
- Sich selbständig zu machen ist überaus schwierig
- Den richtigen Zeitpunkt abwarten
- Man muss das Risiko lieben
- Selbstständige sind schlecht oder überhaupt nicht abgesichert
- Ohne spezielle Voraussetzungen und ausreichende Erfahrung kann die Selbstständigkeit nicht funktionieren
- Es gibt kein Zurück
- Festanstellungen sind sicherer als eine Selbstständigkeit
- Man muss zum Unternehmer geboren sein
- Ein BWL-Studium ist ein absolutes Muss
- Selbstständigkeit heißt viel mehr Arbeiten für weniger Geld
- Mehr Burn-Out unter Selbständigen
- Die Selbstständigkeit macht in der Praxis nicht so viel Spaß, wie man denken könnte
- Ich schaffe das alles ganz allein
- Nach der Gründung kommen die Kunden von allein
- Alle Personen können erfolgreich selbstständig sein
- Selbstständige arbeiten selbst und ständig auch in der Freizeit
1. Sich selbstständig zu machen ist überaus schwierig
Es ist nicht schwierig, oder kompliziert, aber sich selbstständig zu machen kann Nerven kosten. Viele Aspekte müssen beachtet, Unterlagen ausgefüllt, ein Business-Plan erstellt werden und und und. Doch Hürden gehören zu jeder Selbstständigkeit und an eben diesen Hindernissen und neuen Aufgaben kann man wachsen. Genau das ist das Schöne, wenngleich auch Anstrengende, wovon man sich jedoch nicht entmutigen lassen sollte- Ganz im Gegenteil.
2. Den richtige Zeitpunkt abwarten
Die meisten Menschen reden nur darüber, was sie irgendwann einmal tun möchten. Ist man jedoch ehrlich zu sich selbst, muss man sich eingestehen, dass mit „irgendwann“ meist „nie“ gemeint ist. Gesellschaftlich wird das akzeptiert und man kann weiter darüber sinnieren, wie es denn wohl wäre sich irgendwann einmal selbstständig zu machen. In der Realität sieht es jedoch so aus, dass der richtige Zeitpunkt um sich selbstständig zu machen nicht existiert und es aus diesem Grund auch nichts nützt, auf eben diesen nicht existenten Zeitpunkt zu warten – und meist bereuen wir die Dinge, die wir uns nicht getraut haben zu tun. Der richtige Zeitpunkt ist immer jetzt.
EXPERTEN TIPP
„Den Schritt zu gehen, ist Überwindung. Danach fühlte ich mich frei und voller Tatendrang. Ich bereue meine Entscheidung nicht und habe Sie auch nie angezweifelt. Ich wünsche jedem, dass er seinen Traum lebt. “ – Sandra Kirschbaum, Selbständig seit 2013
3. Man muss das Risiko lieben
Das muss man nicht und die meisten Gründer bezeichnen sich selbst als eher vorsichtige Menschen, die wie wie jede andere Person auch unter Versagensängsten, Flugangst oder Bühnenangst leiden, nur: Sie halten trotzdem Vorträge vor fremden Menschen, steigen dennoch ins Flugzeug und haben die Festanstellungen letztlich gegen die Selbstständigkeit ausgetauscht.
Ohne Arbeitsvertrag zu arbeiten ist eine Entscheidung, die nicht mit den wahren Lebensrisiken, wie beispielsweise die lebenswichtige Medizin nicht einzunehmen oder sich betrunken hinter das Lenkrad zu setzen, zu vergleichen ist. Selbstverständlich existieren gewisse Risiken. Zum Beispiel: Was wird die Zukunft bringen? Werde ich erfolgreich sein? Werde ich in der Lage, mir ein Gehalt bezahlen und schaffe ich es, meine Kunden zufriedenzustellen? Von daher sollte beachtet werden, dass kalkulierbare Risiken eingegangen werden können. Eine überlegte und kluge Unternehmensführung, der richtige Versicherungsschutz und Sparsamkeit federn eventuelle Risiken recht effektiv ab.
Doch jeder muss sich letztlich selbst die Frage stellen: Vertraue ich mehr mir selbst und meinen Ideen oder den Personen, die mir sagen, dass es nicht funktionieren wird?
4. Selbstständige sind schlecht oder überhaupt nicht abgesichert
Auch diese Behauptung kann so nicht stehen gelassen werden, denn Selbstständiger können ebenso Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung usw. sein. Oftmals ist man als Selbständiger sogar besser abgesichert als als Angestellter, denn man muss sich unweigerlich die Frage stellen, was ist wenn, im Gegensatz zum Angestellten, der sich vom Staat versorgen lässt, bis er feststellen muss, dass das allein nicht ausgereicht.
5. Ohne spezielle Vorraussetzungen und ausreichende Erfahrung kann die Selbstständigkeit nicht funktionieren
Von Vorteil ist es zumindest, sich in dem Bereich auszukennen, in dem man als Selbstständiger tätig sein möchte und über möglichst viel Erfahrungen auf diesem Gebiet zu verfügen. Doch ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und jede Person hat irgendwann einmal klein angefangen. Gerade zu Anfang der Selbstständigkeit ist es normal, dass man noch nicht in allen Bereichen über Wissen und Erfahrungen verfügt. Diese wird in der Praxis und im Laufe der Zeit gemacht. Vor Fehlern ist niemand gefeit und diese sollten dafür genutzt werden, in der Zukunft aus ihnen zu lernen.
6. Es gibt kein Zurück
Falsch. Auch wenn das heißt, sich das eigene Scheitern einzugestehen und die Selbstständigkeit auf Eis zu legen, ist das kein Weltuntergang. Wichtig ist, den Mut aufgebracht und den Weg gegangen zu sein. Leider gibt es keine Garantie dafür, dass die Selbstständigkeit langfristig funktioniert. Doch weder ist diese Zeit verschwendet noch verloren und von dem großen Erfahrungsschatz, den Arbeitnehmer kaum in ihr Berufslaufbahn machen werden, kann man immer profitieren.
Wahrscheinlich ist der Schritt zurück nach einer langjährigen Selbstständigkeit schwieriger da man sich erst einmal wieder daran gewöhnen musst, nicht mehr sein eigener Chef zu sein.
7. Festanstellungen sind sicherer als eine Selbständigkeit
Vor diesem Mythos muss unbedingt gewarnt werden. Auch Selbständige scheitern, doch auch langjährige Mitarbeiter werden entlassen und tausende Jobs fallen auf einmal weg, weil ein Unternehmen umstrukturiert wird. Mitarbeiter mit unbefristetem Arbeitsplatz gehören der Vergangenheit an. Das sollte zu denken geben. Frei nach Ringelnatz: „Sicher ist, dass nichts sicher ist. Selbst das nicht.“
8. Man muss zum Unternehmer geboren sein
Das stimmt nicht. Schliesslich wurde zum Angestellten auch niemand geboren. Die Selbstständigkeit kann als die natürlichste Art des Arbeitens bezeichnet werden, denn erst durch das Industriezeitalter wurden Personen zu Arbeitnehmern gemacht. Den Menschen ist das Interesse am Handeln zu eigen, oder wie sonst können die Erfolge etlicher hunderttausender erfolgreicher Unternehmer erklärt werden? Es ist seltsam anzunehmen, dass das unternehmerische Arbeiten nur eine Angelegenheit für besondere Persönlichkeiten ist.
EXPERTEN TIPP
„Ich wollte mich nie selbständig machen und hatte keine Ahnung was da auf mich zukommt und doch bin ich heute Selbständig und über glücklich den Mythen getrotzt zu haben.“ – Frank Mayer, Selbständig seit 2016
9. Ein BWL-Studium ist absolutes Muss
Jede Person, die sich selbstständig machen möchte, benötigt weder ein Studium, noch einen Abschluss oder gar einen Titel. Niemand muss an einer Personalabteilung vorbei und alles, was für die Selbstständigkeit benötigt wird, sind die Kunden. Die interessieren sich nicht für ein abgeschlossenes BWL-Studium, sondern einzig für das Angebot bzw. das Produkt. Kreativität, Motivation, Empathie und Innovation sind die Qualitäten, die im Gegensatz zu einem betriebswirtschaftlichen Studium viel mehr dabei helfen, Lösungen für etwaige Alltags- und Arbeitsprobleme zu entwickeln.
10. Selbstständigkeit heißt viel mehr Arbeit für weniger Geld
Auch das ist nur ein Vorurteil. Natürlich arbeiten Selbstständige häufig mehr als ein Arbeitnehmer. Doch wenn das Unternehmen floriert, verdient der Selbstständige meist mehr als Kollegen mit Festanstellung. Kleine Unternehmen können sich über die Jahre zu einer großen Firma entwickeln.
11. Mehr Burn-Out unter Selbstständigen
Wie kommt es überhaupt zum so genannten Burn-Out und was ist das? Kurz gesagt handelt es sich beim Burn-Out weniger um ein Syndrom, das auf die Arbeit als solche, sondern auf den persönlichen Umgang mit der Arbeit zurückzuführen ist. Von daher sind Selbstständige nicht per se gefährdeter als angestellte Arbeitnehmer.
12. Die Selbstständigkeit macht in der Praxis nicht so viel Spaß, wie man denken könnte
Dieses Vorurteil ist recht haltlos und fest steht, dass jede Arbeit auch immer Aufgaben impliziert, die man lieber erledigt, als andere. Doch ist nicht genau dies der Grund, aus welchem man sich selbstständig machen möchte? Man möchte seine Arbeitszeit mit Aufgaben verbringen, in welchen man seine persönliche Erfüllung findet. Schließlich kommt das Wort Beruf von Berufung.
EXPERTEN TIPP
„Ich unterstütze Gründer dabei, Ihre Firma zu gründen und zeige Ihnen den Weg, den sie dafür gehen müssen. Es macht mich stolz dabei zu helfen, das Träume wahr werden.“ – Dennis Seitz, Gründerberater
13. Ich schaffe das alles ganz allein
Nicht zu viel Geld ausgeben lautet das Motto vieler Existenzgründer- aus nachvollziehbarem Grund. Langfristig jedoch kann sich diese Einstellung auch negativ auswirken. Da Existenzgründer meist geringe Einnahmen haben, wird versucht, die Arbeit allein zu meistern. Anfangs muss das gar nicht so verkehrt sein und ist auch oft recht sinnvoll. Der Clou besteht darin, irgendwann den Absprung zu schaffen, denn wer auf Dauer alles alleine macht, riskiert wahrscheinlich nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch das Wachstum der Firma kann dadurch ausgebremst werden.
Niemand kann alles perfekt und der Tag hat eben nur 24 Stunden. Ab einem bestimmten Zeitpunkt ist es also sinnvoll und wichtig, Aufgaben aufzuteilen und abzugeben, um sich auf die Kernkompetenzen konzentrieren zu können.
14. Nach der Gründung kommen die Kunden von allein
Zahlreiche Existenzgründer gehen recht naiv mit dem Thema Kundengewinnung um und denken, dass die Welt nur auf ihr Angebot oder Produkt gewartet hat- schließlich ist es so toll, dass einem die Kunden sämtliche Türen einrennen werden. In 99 Prozent der Fälle ist dies jedoch nicht so.
Kommt man auf den Markt, kennt einen meist auch niemand und die angebotenen Produkte und Leistungen sind unbebekannt. Noch fehlt es an Kundenvertrauen und ohne Vertrauen bleiben die Kunden aus.
Aus diesem Grund ist es von großer Wichtigkeit, sich als Gründer intensiv mit dem Thema Neukundengewinnung zu beschäftigen. Aktives Marketing spielt dabei eine ebenso entscheidende Rolle, wie das persönliche Profil. Letzteres bewirbt man heutzutage über eine eigene Website, denn das Internet ist für sehr viele Menschen die erste Anlaufstelle, um Informationen einzuholen.
Das Marketing hat aus diesem Grund für Selbstständige nahezu die gleiche Bedeutung wie die Qualität der eigentlichen Arbeit.
Leistungen, Inhalteund gute Produkte allein reichen nicht aus und das Marketing muss aktiv und Zielgruppen-orientiertbetrieben werden, um die richtige Zielgruppe über das Angebote zu informieren und diese so neugierig wie möglich zu machen, um sie zu potenziellen Kunden zu machen.
EXPERTEN TIPP
„Schon im Studium wusste sich, das ich keine Karriere in einem Konzern anstreben wollte. Ich wollte schon immer selbstbestimmt leben und arbeiten.“ – Corinna Zwickl, Freiberuflerin
15. Alle Personen können erfolgreich selbstständig sein
Es klingt vielleicht hart, doch nicht alle Personen werden als Selbständige erfolgreich sein. Pleiten zählen zur Wirtschaft dazu und sind nicht zwangsläufig ein Zeichen dafür, dass der Staat nicht genug fördert etc.
Geschäftsideen müssen sich am Markt behaupten, doch nicht jede hat das Zeug dazu. Einige Ideen wirken anfangs überzeugend, können aber keine potentiellen Kunden gewinnen.
Ein zweiter Grund, weshalb nicht jeder Existenzgründer erfolgreich sein wird ist bei den Gründern selbst zu finden. Zum einen liegt das selbstständige Arbeiten einigen Menschen einfach nicht, denn nicht nur unterscheidet sich das Aufgabenspektrum deutlich von dem eines Angestellten, sondern auch die körperlichen und psychischen Belastung sind andere. Zum anderen
bringt einfach nicht jeder die notwendigen Voraussetzungen mit, mit welchen man als Selbständiger ausgestattet sein sollte.
Es besteht zwar die Möglichkeit, sich die notwendige Fähigkeiten und notwendiges Wissen noch aneignen, doch sollte man sich darüber bewusst sein, dass die Selbständigkeit weder damit einhergeht, für jeden etwas zu sein, noch, dass sie eine Erfolgsgarantie impliziert.
16. Selbstständige arbeiten selbst und ständig auch in der Freizeit
Grundsätzlich ist der Mythos selbst und ständig nicht ganz falsch, doch trifft er nicht immer zu. Insbesondere in der Anfangsphase ist man mit vielen Aufgaben und dem richtigen Betreiben des Business konfrontiert. Dementsprechend viel wird dann auch gearbeitet, da sich auch um alles unerledigte gekümmert werden muss. Diese Aussage suggeriert dennoch, dass dies ein Dauerzustand wäre. Dies jedoch sollte so nicht sein. Wer sich selbstständig macht mit einer Aufgabe, die Freude bereitet, ist dessen Lebensinhalt nicht die Arbeit, sondern vielmehr wurden die lebensinhalte zur eigenen Arbeit gemacht. Selbständige können sich mit Dingen befassen, die ihr Leben bereichern und fühlen sich von daher nicht an ihre Arbeit gefesselt.
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